Widersprüchliche Gefühle verstehen: Wie traumasensible Körperarbeit und Yoga helfen, innere Spannungen zu integrieren
- mjedowski
- 10. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Wenn Kopf und Körper nicht im selben Takt sind
Viele Menschen kennen dieses innere Spannungsfeld:
Man weiß eigentlich, was guttäte – und handelt doch ganz anders.
Man zieht sich zurück, obwohl man sich Verbindung wünscht.
Man bleibt im Gewohnten, obwohl die Sehnsucht nach Veränderung spürbar ist.
Gerade nach belastenden Erfahrungen zeigt sich oft eine Diskrepanz zwischen kognitivem Verstehen und körperlicher Reaktion. Das ist nicht widersprüchlich, sondern Ausdruck eines Nervensystems, das gelernt hat, sich zu schützen – oft unabhängig von bewussten Entscheidungen.
Warum bei Traumaerfahrungen innere Spannungen häufig auftreten
Traumatische Erlebnisse hinterlassen Spuren im Nervensystem.
Was damals half zu überleben – Rückzug, Anspannung, Erstarrung – kann heute unbewusst weiterwirken.
Daraus entstehen scheinbar gegensätzliche Impulse:
Nähe suchen und gleichzeitig vermeiden
Kontrolle halten und sich gleichzeitig nach Loslassen sehnen
Veränderung wollen und davor zurückschrecken
Diese inneren Dynamiken entstehen nicht aus Unentschlossenheit, sondern aus gelernten Schutzstrategien, die oft parallel aktiv sind.
Was wäre, wenn beides da sein darf?
Oft denken wir in „Aber“:
„Ich bin dankbar, aber ich bin auch erschöpft.“
„Ich fühle mich sicher, aber ich will etwas verändern.“
Was passiert, wenn wir stattdessen ein „Und“ zulassen?
„Ich bin dankbar und erschöpft.“
„Ich fühle mich sicher und sehne mich nach Veränderung.“
Dieses kleine Wort kann viel verändern. Es öffnet Raum für Gleichzeitigkeit – und damit für Integration.
Gerade bei Traumafolgen kann dieser Perspektivwechsel entlasten:
Nicht entweder-oder, sondern sowohl-als-auch.
Nicht gegen sich kämpfen, sondern verschiedene Anteile wahrnehmen.
Warum der Körper eine zentrale Rolle spielt
Verstehen allein reicht nicht, wenn der Körper nicht mitkommt.
Was wir kognitiv längst durchdrungen haben, kann emotional oder körperlich noch lange aktiv sein.
Deshalb braucht es körperorientierte Wege – nicht zur „Lösung“, sondern zur Verbindung mit dem eigenen Erleben.
Traumasensibles Yoga bietet genau dafür Raum:
einfache Bewegungen,
bewusster Atem,
klare Orientierung an Sicherheit und Selbstwahrnehmung.
In der körpertherapeutischen Begleitung können tiefere Muster behutsam erforscht werden.
Beides hilft, sich selbst besser zu spüren – ohne Druck, ohne Zielvorgaben.
Das Nervensystem verstehen – statt überfordern
Nicht jedes Tool wirkt in jedem Zustand.
Was beruhigt, hängt davon ab, wo im Nervensystem man sich gerade befindet.
Deshalb ist es so hilfreich, die eigene innere Dynamik besser kennenzulernen:
Welche Reaktionen treten wann auf?
Wie erkenne ich Überforderung rechtzeitig?
Was unterstützt mich wirklich – und was nicht?
(Dieses Thema wird in einem separaten Artikel vertieft.)
Und jetzt?
Widersprüchliche Gefühle sind kein Zeichen von Schwäche – sondern Ausdruck davon, dass mehrere Anteile gleichzeitig versuchen, zu schützen oder zu orientieren.
Durch traumasensible Praxis kann all dem mehr Raum gegeben werden – ohne sich entscheiden zu müssen, ohne etwas wegzudrücken.
Und manchmal beginnt genau dort echte Veränderung:
Wenn nichts mehr ausgeschlossen werden muss.
Wenn der innere Kampf etwas mehr zur Ruhe kommt.

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